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Auf der Route der Sehnsucht

von Sieglinde Schopf, Schopf-Verlag, ISBN 978-3938022016

Beatrice, die Protagonistin dieses Romans, hat etliche missglückte Versuchen hinter sich, ihr Single-Dasein zu beenden. Sie entschließt sich dazu mit einer Reisegruppe entlang des Jakobsweges nach Santiago de Compostela zu radeln. Begleiten Sie Beatrice auf eine Reise, die ihr Leben verändern wird.
Die Autorin Sieglinde Schopf war etliche Male als Reiseleiterin auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela unterwegs. Inspiriert durch zahlreiche Geschehnisse und die ungebrochene Faszination des Weges, beschloss sie, dieses Buch zu schreiben.
Leseprobe
Beatrice sitzt in einem Reisebus und lässt die Landschaft der Provence an ihren Augen vorüberziehen. Inzwischen sind einige Wochen seit ihrer Zeitungsannonce vergangen. Sie hat die Nase gestrichen voll von Blind-Dates und Rendezvous mit allen möglichen und unmöglichen Männern. Ihr Kopf ist voller Ideen, jedoch verworren wie ein Treibholz im Strudel. Beatrice braucht Zeit, um nachzudenken. Wie soll sie ihr Leben weiter gestalten? Warum fällt es ihr in letzter Zeit so schwer alleine zu sein? Sie hat sich dazu entschlossen eine Art „besinnlichen Aktivurlaub“ zu buchen. Eine Radtour mit Anders-Radreisen auf den Spuren des Jakobsweges. Seit einiger Zeit hat sich Beatrice auf literarische Art und Weise intensiv mit dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela auseinandergesetzt. Sie ist dazu von einer Diaschau des Jakobspilgervereins im Kulturzentrum am Münster inspiriert worden. Daraufhin hat sie Erfahrungsberichte, Reisebeschreibungen und Bildbände über Kunst und Kultur zu diesem Thema studiert. Sie hat gelesen, dass bei Manchem ein einschneidendes Erlebnis wie der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Tod des Lebenspartners der Auslöser für den Aufbruch entlang des Pilgerweges war. „Trost und Ruhe ließen sich auf den langen Wegen durch die großartige Landschaft eher finden als daheim. Unberührt von der Hektik des Alltags konnte jeder seinen Gedanken nachgehen und dabei mehr über den Sinn des Weges und sich selbst lernen als aus jedem Buch. Die eingehende Beschäftigung mit sich selbst, das andere Maß der Zeit und der eigenen Schritte waren oft – über die Begegnung mit anderen Menschen hinaus und mit dem Erlebnis von Natur und Kunst – der große Gewinn, den der Jakobsweg noch heute zu bieten hat.“
Weiterhin hat Beatrice erfahren, dass man St. Jakob in allen Angelegenheiten um Hilfe bitten kann. Sie hofft, dass der Pilgerweg auch für sie etwas bereithalten wird. Irgendeine Faszination muss er schließlich haben, wenn die Zahl der Pilgerschar seit Jahrhunderten nicht abnimmt. Ganz im Gegenteil. Der Jakobsweg erfreut sich wachsender Beliebtheit. ...
... Die Pilger rufen den Radlern zu: „Buen viaje, buen camino“, eine gute Reise, einen guten Weg!
Eine alte Frau, deren Gesicht wie ein geschrumpelter Winterapfel aussieht, grüßt sie ebenfalls. Dies soll heute nicht das letzte Mal sein; dass sie den Gruß zu hören bekommen. Jeder, der ihnen entlang des Jakobsweges begegnet, egal ob Einheimischer oder Pilger, grüßt sie mit winkenden Armen auf diese Art und Weise. Die fröhliche Radler-Pilgerschar winkt freundlich und innerlich berührt zurück. Sie spüren den Zauber dieses Weges.
Es geht vorbei an etlichen Wanderpilgern aus allen möglichen Nationen, sogar Asiaten sind darunter. Bis heute ist die Faszination dieses Weges ungebrochen. Seit Jahrhunderten bereits ist er Träger menschlicher Hoffnungen. Was bewegt noch heute die Menschen zur Pilgerschaft?
Selbsterfahrung? – Auszeit? – Flucht vor Problemen daheim? – Suche nach Lösungen? – Oder einfach nur Sport?
An letzteres glaubt Beatrice am wenigsten, als sie vor sich hin sinniert. Sie hat in Reiseführern gelesen, dass sich der Jakobsweg wachsender Beliebtheit erfreut. Aber mit so vielen Menschen, wie ihr gerade auf der Strecke von Astorga nach Castrillo begegnen, hat sie beileibe nicht gerechnet. Vor allem ist sie überrascht über die vielen jungen Leute entlang des Weges. ...
...Die Gruppe folgt dem Stadtführer Francisco dicht auf den Fersen über den Kathedralenvorplatz. Beatrice ist gerührt vom Anblick der Gläubigen, die nach Wochen entbehrungsreicher Märsche durch Spaniens Norden, beim Gefühl des Angekommenseins überwältigt in Tränen ausbrechen.
Ein unglaublicher Andrang herrscht in der prachtvollen Kathedrale vor dem „Portal zur Herrlichkeit“ von Maestro Mateo mit den nahezu zweihundert Figuren aus galizischem Granit. Der Heilige Jakob mit Stab und Pergamentrolle, auf welcher zu lesen ist „Der Herr hat mich entsandt“ thront auf einer reich verzierten Säule unterhalb des Bogenfeldes. Diese Säule soll die Wurzel Jesse, den Stammbaum Christi abbilden. Der Stammbaum weist fünf Vertiefungen auf und Beatrice kann verfolgen, woher diese stammen: Die Pilger üben eine Tradition aus. Nämlich, eine Hand an diese Säule zu legen und dem heiligen eine Bitte vorzutragen. Im Laufe der Jahrhunderte sind dies inzwischen Millionen von Pilger, die den Brauch pflegen. Spanier, Portugiesen, Franzosen, Deutsche, Schweizer, Iren, Brasilianer. Ein kunterbuntes Sprachengewirr, Blitzlichter zucken, Wallfahrer mit geschulterten Rucksäcken, breitkrempigen Hüten, Muscheln und Pilgerstäben, Männer und Frauen, Alte und Junge, Kranke und Gesunde. In der Kathedrale riecht es nach Schweiß und Weihrauch. Trotz der faszinierenden, ergreifenden Eindrücke, versucht Beatrice sich darauf zu konzentrieren, den Anschluss an Francisco und die Gruppe nicht zu verpassen. Dicht an dicht nehmen die Teilnehmer der Reisegruppe auf  Sitzbänken im Längsschiff der Kathedrale Platz. Als sich Beatrice ganz außen in eine Reihe zwängt bekommt sie mit, wie ein Padre in brauner Kutte zu Francisco läuft und ihm etwas ins Ohr flüstert. Daraufhin nickt Francisco mehrmals kurz mit dem Kopf und sie vernimmt die Worte „no problema“ aus seinem Mund. Der Ordensbruder lächelt und scheint sich über irgendetwas zu freuen. Er geht und Francisco folgt ihm.
Was haben die bloß vor?, fragt sich Beatrice. Bevor sie diesen Gedanken weiter verfolgen kann, beginnt die Pilgermesse in der völlig überfüllten Kathedrale, deren Innenraum wirklich gewaltige Ausmaße hat. Von ihrem Sitzplatz blickt Beatrice direkt auf die Silber überzogene Figur des Jakobus, die auf dem Hochaltar thront. Das alles nur wegen Dir! Denkt sie beim blick auf den Heiligen Jakob, der ihr gütig entgegen lächelt.
Nach der Predigt singt eine Nonne mit engelsgleicher Stimme und dann ist es soweit. Acht rot gewandete Tiraboleiros tragen den silbernen Weihrauchkessel herein und hängen ihn im Vierungsschiff an einem langen Tau auf. Mittels seitlich gezogener Taue bringen sie den Weihrauchschwenker ins Schwingen. Er segelt auf die Gläubigen im Mittelschiff zu wie eine qualmende Kanonenkugel an einem seidenen Faden. Dann pendelt er über ihre Köpfe hinweg und führt dazu, dass die Gläubigen in Begeisterungsrufe ausbrechen. Alle sind beeindruckt, diesen Schwenker über den eigenen Kopf hinwegsausen zu sehen. Pendelnd, wackelnd, rauchend, wie ein kleines Ungeheuer. Bis sich seine Bewegung verlangsamt und schließlich der Botafumeiro zum Stillstand kommt. ...
Fanpost
Ich hatte viel Spaß beim Lesen des Buches und musste manchmal richtig lachen. Sie haben alles so toll geschildert und beobachtet. Ich reiche das Buch gleich weiter an meine Freundin und freue mich schon jetzt auf den Folgeroman.